Wandern vor der eigenen Haustüre: Erlebnis Hochheide
Ein Ausflug in die Nahrungsquellen für Mensch und Tier
Beeren – Trinkwasser und Heidebratwurst
Die Sommerferien 2023 hatten hier oben im Sauerland viel zu bieten. Für den Wald zum Beispiel reichhaltigen Regen. Das ist wichtig für alle Naturliebhaber, denn nur so kann der Wald gekräftigt werden, hat er doch in den letzten Jahren arg unter Stürmen, Dürre und Borkenkäfern gelitten. Aber auch das weitere Grün der Flur stand bei unserer Heimatwanderung in voller Pracht und die Natur hatte mit leckeren Früchten aufzuwarten.
Das Wetter an diesem Sommerferientag war genau richtig für eine schöne Wandertour direkt vor der eigenen Haustür. Das hier beschriebene Beispiel reicht für 4 Stunden. 2 Stunden Aufstieg, 1 Stunde Essen und Trinken, 1 Stunde Abstieg.
Wir beginnen unten im Dorf an der Bushaltestelle „Alte Post“. Stündlich ist diese aus allen Richtungen erreichbar, Samstags und Sonntags gelten andere Fahrpläne. An der Haltestelle ist das Wanderzeichen N2 und „Zugangsweg Rothaarsteig“ angebracht. Letzteres soll uns leiten. Es ist ein auf die Seite gelegtes R (für Rothaarsteig) mit einem gelben Hintergrund und führt direkt zum berühmten und beliebten Rothaarsteig.
Entlang des kleinen Gewässers „Bernbach“ geht es leicht bergauf und nach 10 Minuten lässt man die letzten Häuser Niedersfelds hinter sich. Entlang dieses Bachlaufs hat man einen schönen Blick auf die saftigen Wiesen, hier oben liegt auch das Kneipp-Tretbecken, was mit diesem besonderen Wasser gespeist wird, worauf wir später nich kommen. Gerade jetzt sind die Himbeeren reif, die eine schöne Stärkung für die weitere Wanderung geben.
Auf dem Weg nach oben ist noch mehr zu entdecken, zum Beispiel philosophische Zeilen. Wir sind auf dem Literaturpfad. Auf die Idee mit diesem Pfad ist der Verkehrsverein gekommen, weil der Verfasser dieser Gedichte diese mit einem Dremel in Steine graviert hat. Der Dichter hat jahrelang in Niedersfeld gelebt. Er war Soldat bei der britischen Rheinarmee und hat nach dem 2. Golfkrieg seine damaligen Kriegserlebnisse literarisch verarbeitet. Die meisten bisher gefundenen Gedichte kommen aus dem Zyklus „Die Ängste des Waldes“.
Alles andere als Angst macht der weitere Verlauf auf dem „Zubringer-Rothaarsteig“. Mächtiges Laubgehölz, schroffe Weguntergründe, kleine Kriechtiere und sonnige Lichtungen sind von diesem tiefen Hohlweg zu sehen.
Die Rappelspringquelle wird am Wegesrand ausgeschildert. Zeit für eine kleine Pause. Etwa eine Stunde sind wir jetzt unterwegs und haben dabei ca. 220 Höhenmeter hinter uns gebracht. Die Quelle liegt in einem Wasserschutzgebiet. Kein Wunder, denn das gesamte Bergmassiv „Neuer Hagen“ bringt Wasser hervor, welches in Niedersfeld in drei Hochbehältern gesammelt und weit über den Ort hinaus bereitgestellt wird.
Der Rappelspring ist für die Niedersfelder von besonderer Bedeutung. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts war Aufklärung nicht so verbreitet und so erzählte man anderswo den Kindern damals, dass der Klapperstorch die Babys bringt. Mangels Störchen in Niedersfeld musste man sich was einfallen lassen und so nahm man die Rappelspring-Quelle als Ersatz-Sage. So erzählte man den Kindern, wenn Mama und Papa sich ein Baby wünschten, dass sie zum Rappelspring pilgerten, daraus tranken und dann ging der Wunsch in Erfüllung. Man sagt, dass einige Paare die Wirkung des Rappelspringwassers bestätigen…
Nach einer kurzen und erfrischenden Rast geht es weiter in Richtung Hochheide und Rothaarsteig, denn wir befinden uns jetzt wieder auf dem Zugangsweg.
Kurz vor der Hochheide kreuzen wir den Rotharsteig und wir finden einen großen Wegweiser, der uns Lust auf verschiedene Ziele macht. Zum Beispiel den Hillekopf, wo die Hille entspringt, die den Hillesee speist. Weitere lohnenswerte Ziele sind Willingen oder der Langenberg. Heute zu weit weg für uns.
Wir entscheiden uns für die Richtung „Heidekreuz“ auf dem Rundweg „Neuer Hagen“. Nach wenigen Metern öffnet sich die Hochheide vor unseren Augen. Wir sind ziemlich weit oben angekommen und auf 788 Meter Höhe finden wir das Heidekreuz. Es ist Teil einer Station des Goldenen Pfades, der als Landschaftstherapiepfad 2014 eröffnet wurde. An diesem „Ort der Besinnung“ geht es um Glauben, Sinn und Besinnung. Ob ich heute Abend zu Hause bin? Ich bin gespannt, jedenfalls werde ich mich besuchen, um es herauszufinden…
Den Goldenen Pfad könnte man von hier aus weiterlaufen, er führt entlang des Rundwegs Neuer Hagen. Besser ist aber, man läuft den Goldenen Pfad komplett, fängt am Einstimmungsplatz an und lässt alle 10 Stationen auf sich wirken.
Wir entdecken auf der Heide leckere Blaubeeren und schlecken uns die Zunge blau. In diesen Tagen sind wir nicht die einzigen, die die kleinen, gut färbenden und wohlschmeckenden Beeren naschen.
Der Blick in die Heide ist wunderschön. Wir nehmen den direkten Weg über die Heide in Richtung Hochheidehütte. Es geht vorbei an den Stationen 3 und 2, bis wir an der Station 1 des Goldenen Pfades die wunderschöne Aussicht ins Tal genießen können.
Hier auf dem Landschaftsbalkon stehen wir in 810 Metern Höhe. Bis zum Freizeitpark Fort Fun und darüber hinaus reicht der Blick. Wer es genau wissen will, was es alles zu sehen gibt, legt ein paar Meter drauf und läuft auf den Clemensberg (836 m), dort ist die Aussicht ebenfalls fantastisch und es werden anhand von Panoramabildern die sichtbaren Ziele erklärt. Übrigens laufen wir hier direkt auf dem Rothaarsteig, wenn auch nur wenige Meter. Wir kreuzten ihn bereits, denn er führt von Bruchhausen zur Hochheidehütte und dann weiter über den Clemensberg und die Hochheide in Richtung Küstelberg, Winterberg über den Kahlen Asten.
Uns zieht es jedoch in die Hochheidehütte. Die Heidebratwurst lockt heute, dazu ein regionales bzw. lokales Bier. Essen und Trinken hält bekanntlich Leib und Seele zusammen und nach zwei Stunden schöner und anspruchsvoller Wanderung zieht es uns deshalb auf die große Terrasse. Zwar sind wir nicht aus Zucker, aber ein kleiner Schauer lässt uns in die Hütte wechseln.
So schnell wie der Regen kam, ging er auch wieder. Nach guter Stärkung treten wir den Abstieg an. Auf 805 Höhenmetern steht die Hütte, wir wählen den direkten Weg nach unten.
Ein kleiner Pfad tut sich direkt gegenüber der Hochheidehütte auf. Der führt entlang einer offenen Fläche, die im Winter als Rodelhang genutzt wird. Am unteren Hochheideparkplatz laufen wir nach links ein paar Meter den Schotterweg aufwärts, bevor wir rechte Hand wieder auf einen schönen Wanderpfad gelangen, der direkt ins Tal führt. Auch hier gibts was zu naschen, Nachtisch in Form von Himbeeren. Wir sehen schon einige Häuser des Dorfes, laufen an einem Bildstock und am Wasserhochbehälter Rosental vorbei und haben als nächstes Ziel das Kreuzsteinchen im Blick.
Diese Felsformation auf 659 m darf betreten werden, man hat dort eine schöne Aussicht. Das Gipfelkreuz mit dem Corpus Christi, der zur Bergseite hin angebracht wird, ist nicht die einzige christliche Einrichtung dort, denn auch die Heilige Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, ist auf dem Kreuzsteinchen verewigt. Einst hatte die Ruhrkohle AG (RAG) ein Weiterbildungs- und Erholungshaus unterhalb des Bergmassivs, heute ist dort das Panorama-Hotel untergebracht. Und Bergbau war auch in Niedersfeld, mehr noch in anderen nahegelegenen Dörfern ganz viel früher auch mal ein Thema, jedenfalls was unter Tage angeht. Tagebergbau wird z.B. im benachbarten Hildfeld betrieben. Näheres kann man auf dem Clemensberg erfahren.
Etwas unterhalb, direkt neben dem Hotel finden wir den zweiten Hochbehälter namens „Pölz“ auf ca. 635 Höhenmetern. Dieser ist an den Leitungsverbund des Wasserverbands Hochsauerland angeschlossen und wird u.a. mit Wasser aus Wiemeringhausen gespeist, gibt gleichzeitig Wasser in Richtung Winterberg sowie Medebach bzw. Hallenberg ab.
Auf fast 600 Höhenmetern sehen wir den dritten Hochbehälter des Dorfes. Auch der Hochbehälter „Kleehagen“ wird durch die Stadtwerke Winterberg betrieben. Kleehagen heißt übrigens die Gemarkung, die Anfang der 1980er Jahre großflächig bebaut wurde und die Straßen „Unterm Kreuz“, „Am Kleehagen“ und „Am Bergelchen“ erhielt. Sie liegen oberhalb des Hillebachsees, der 1982 erstmals „Vollstau“ gemeldet hat und heute ein attraktives Sport-, Freizeit- und Erholungsgebiet ist. Wir sehen den Hillesee durch die Bäume schon, lassen ihn aber heute „links liegen“.
Der Niedersfelder Hausberg, der vor allem aus dem Ruhrtal gut zu erkennen ist, weil hoch oben ein großes beleuchtetes Kreuz steht, liegt mächtig im Blickfeld. Wir wählen die mittlere von den drei Straßen (Am Kleehagen), die uns zum Ausgangspunkt zurückführt. Den erreichen wir nach einigen Treppenabstiegen und Blicken ins Dorf.
Nähere Infos zu den genannten Orten und Einrichtungen:
Der Goldene Pfad auf der Niedersfelder Hochheide
Busverbindungen in Niedersfeld
Autor/Fotos: Winfried Borgmann