Glockenmörder im Kirchturm
Vor einiger Zeit war ein Glockensachverständiger des Erzbistums im Kirchturm und hat sich den Glockenstuhl fachlich genau angesehen. Das Fazit war gut, wenn man bedenkt, dass die Glocken hoch oben im Turm schon seit Ende der 1940er Jahre und damit bald 80 Jahre ihren Dienst tun.
Früher, und so können noch einige Niedersfelder erzählen, wurden die Glocken per Muskelkraft in Schwung gebracht, die oftmals als Messdiener oder Vizeküster eingesetzten jungen Herren flogen dabei auch hin und wieder mal mit dem Zugseil durch die Lüfte. Später wurde der Antrieb auf Elektromotoren umgestellt. Und eben diese Elektrik und die technischen Einrichtungen, wie die Schlagwerke (sie schlagen im Viertelstundentakt und zur vollen Stunde die Zeit), sind veraltet und werden zunehmend zum Problem. Von “Glockenmörder” ist sogar die Rede.
Wenn die Glocken läuten, dann schwingen diese hin und her, so dass der Klöppel am Glockenkörper anschlägt und den unverkennbaren Glockenton erzeugt. (>>> Hier ein Video des Glockengeläuts von Niedersfeld, St. Agatha)
Zur Viertelstunde schlägt ein Hammer im Schlagwerk an die Glocke, ein zweiter Hammer kommt zur vollen Stunde zum Einsatz und schlägt dann die Uhrzeit, also 12 mal für Mittags um 12 Uhr. Letzmalig um 21 Uhr (9 Schläge) und dann erst wieder um 7 Uhr schlägt dann der Hammer. Nun wurde festgestellt, dass der Hammerschlag zu fest anschlägt. Ganz zum Nachteil der Glocke, die deshalb Schaden genommen hat. Diese veraltete Technik wird auch mit “Glockenmörder” beschrieben.
Nun könnte man meinen, man dreht die Glocke und der Hammer könnte dann an einer unbenutzten Stelle seine Arbeit weiter tun. Dann allerdings bestünde die Gefahr, dass die Glocke reißt und nicht mehr einsatzfähig wäre.
Neben dem Glockensachverständigen hat sich daher auch eine Fachfirma das Geläut angesehen. Auch die Motoren, die die Glocken zum Schwingen bringen, sind überholungsbedürftig, können aber mit einer modernen Technik weiterbetrieben werden. Dann ist nämlich, im Gegensatz zur bisherigen Praxis, auch eine Feinjustierung des Glockenschwungs möglich.
Ein weiterer Eingriff ist im Bereich der Elektroanlage notwendig, denn hier sind noch Komponenten verbaut, die seit Jahren, eher Jahrzehnten nicht mehr zum Einsatz kommen. Ersatzteile, wie die jetzt noch im Einsatz befindlichen Relais oder andere Komponenten, sind daher nicht mehr verfügbar. Die Elektroverteilung muss in diesem Zuge also auch erneuert werden.
Die voraussichtlichen Kosten belaufen sich auf rund 13.000 Euro, das Erzbistum Paderborn trägt hiervorn einen Anteil von 30%, die Kirchengemeinde hat somit den größeren Teil der Kosten zu tragen.
Mit dieser Investition ist sichergestellt, dass unsere Dorfkirche auch weiterhin die Stunde schlägt und die freudigen und traurigen Anlässe mit ihren Glocken begleitet.
Bereits vor 25 Jahren wurde die Steuerungstechnik in der Kirche erneuert. Mithilfe dieser Steuerung können die Läutezeiten vorprogrammiert werden. Hier erfolgt die Steuerung des Schlagwerks sowie der Kirchturmuhr. Die übrigens hat oberhalb des Glockenstuhls ihre eigene Mechanik. Die insgesamt vier großen Uhren werden über eigene Motoren angetrieben.
Hier ein Video aus dem Kirchturm und dem Glockenstuhl in Niedersfeld
Die vorhandenen Anschlaghämmer an den Glocken 1+2 schlagen mit einer Ecke eines drehbaren Kreissegmentes auf die betreffende Glocke und haben sich an den Anschlagstellen der Glockenschlagringe bereits “eingeschlagen” (daher der Name “Glockenmörder”. Der Anschlaghammer an Glocke 2 (Viertelstundenschläge) ist verlangsamt und bleibt einen Augenblick auf der Glocke liegen.
Läutemaschinen haben einen zu hohen Ausschwungwinkel der Glocken, daher schlägt der Klöppel zu fest an. Der Austausch der Technik bewirkt, dass der Anschlag materialschonend und einstellbar erfolgen kann. Das ist bisher nicht der Fall. Damit kann der Ausschwung der Glocken sorgfältig und präzise eingestellt werden.
Die Kirchenglocken waren und sind aus dem täglichen Leben kaum wegzudenken. Früher, aber auch heute noch, sind sie Botschafter von Nachrichten, läuten zu besonderen Anlässen, laden zum Gebet, zur Andacht, zur Eucharistie. Verkünden Freude, aber auch Trauer, läuten zur Mahnung und zum Gedenken . Sie läuten, sie schlagen die Uhrzeit an und manchmal stören sie auch den einen oder anderen. Begehrt waren Glocken zu Kriegszeiten vor allem wegen ihres Materials. Sie wurden eingeschmolzen und zu Waffen verarbeitet. So auch in Niedersfeld, weshalb die Glocken recht jung sind, sie stammen aus dem Jahr 1946.
Geläut der Glocken
(Quelle: http://horsteschwarz.de/gelaeut-der-glocken.html)
Glocken gehören zu den frühesten Erfindungen und am weitesten verbreiteten Freiluftinstrumenten der Menschheit. Schon immer hatten sie vorwiegend religiöse Bedeutung. Sie sollten böse Geister verjagen und gute anlocken, um so einen heiligen Ort zu schützen. Aber auch als „normale“ Signalgeber wurden sie benutzt, da man ihren Klang über weite Entfernungen hören konnte.Die ersten Christen lehnten die Glocken wegen ihres heidnischen Ursprungs ab, und der Apostel Paulus vergleicht Menschen ohne Liebe mit tönernem Erz oder einer klingenden Schelle.
Aber schon im 4. Jh., als die Christen gegenüber heidnischen Kulten aufgeschlossener wurden, benutzten die Mönche als Signalgeber für ihre täglichen Gebetszeiten und Gottesdienste. Aus den Klöstern heraus übernahm die römisch-katholische Kirche diesen Brauch, und schnell erschallte das Geläut der Glocken in ganz Europa.
Drei Aufgaben hatten die Glocken in dieser Zeit zu übernehmen:
Mehrmals täglich sollten sie zum Gebet rufen. Sie sollten die Gläubigen zu den Gottesdiensten einladen. Innerhalb der Gottesdienste wiesen sie auf bestimmte liturgische Handlungen (z.B. das Vaterunser) die Gläubigen hin, die nicht am Gottesdienst teilnehmen konnten.Natürlich hatten und haben die Glocken daneben auch rein profane Aufgaben zu erfüllen. Z.B. ist es in manchen Orten üblich, während eines Gewitters die Glocken zu läuten. Dieser Brauch resultiert aus der Annahme, man könne damit das Unwetter vertreiben.
Trotzdem wird auch heute noch – manchmal zum Ärger der Anwohner – das Glockengeläut als eine Stimme der christlichen Gemeinde verstanden, die durch die musikalischen Variationsmöglichkeiten – vorausgesetzt sie verfügt über eine bestimmte Anzahl von Glocken – und eine bestimmte Läuteordnung Informationen an ihre Gläubigen weitergeben möchte.







